Frühmorgens wurden wir in einer etwas eisigen Atmosphäre wach. Ob diese eisige Stimmung wohl am Kaffeeentzug lag? Nein, diesmal nicht: die Heizung hatte mitten in der Nacht gefunden, dass sie nun genug geheizt hätte und so fiel die Temperatur über Nacht auf frostige 8°-Innentemperatur. Zum Glück liegen wir auf unserem „Schäfchen“-Futon und mit unseren kuschelwarmen Decken auch wohltemperiert im Camper, wenn die Heizung streikt und die menschlichen Öfeli haben einwandfrei funktioniert.
Wie immer im Camper schliefen wir ausgezeichnet, sodass wir schon wieder etwas knapp unterwegs waren, denn um 9 Uhr war Frühstück auf Balkonien angesagt. Wir genossen den feinen Zmorgen mit Aussicht und Sonnenschein, bevor wir in Richtung Frankreich aufgebrochen sind.
Wir entschieden uns für die Fahrt via Grenzübergang Le Châtelard Frontière zu fahren. Es hat sich gelohnt. Die Strecke ist wirklich schön: mitten in der Natur schlängelt sich die Passstrasse durch die Alpenlandschaft. Mit Ausnahme von ein paar potentiellen Organspendern (Rennvelofahrer) waren wir ziemlich solo unterwegs.
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Unser letzter Halt vor der Grenze war dann in Le Châtelard Frontière. Einen Velodino sieht man nicht alle Tage und so gab’s ein Fotoshooting mit dieser interessanten Echse. Anschliessend passierten wir den Zoll. Und was für einen Zoll! Ja, Le Châtelard Frontière hat 12 (gutgezählte) Häuser und einen ZOLL! Dieser ist zwar nicht besetzt, ABER: man ist dort gewappnet, falls dann mal die Hauptverbindungsachse Frankreich Schweiz durchgehen sollte! Es könnte ja sein, dass irgendwann in nächster Zeit das Verkehrsaufkommen doppelt so hoch ist, wie z.B. beim Grenzübergang Waldshut – die Walliser sind ready!
Wir sind also in France angekommen und fuhren weiter in Richtung Chamonix. Die Gletscherlandschaft um das Mont Blanc – Massiv ist phantastisch! Der hellblaue Schein des Gletschereises, darüber einen Schneebelag und das Glitzern der Sonne im Schnee, wirklich wunderschön!
Von Chamonix ging’s dann in Richtung Annecy. Wir hatten dort einen schönen Stellplatz recherchiert. Als wir in Annecy angekommen sind, gab’s natürlich Stau. MenschenMASSEN drängten sich über die Fussgängerstreifen. Immer wieder fielen uns LäuferInnen mit Nummern auf – wir befanden uns mitten im Annecy Marathon… Der Stellplatz war dementsprechend überfüllt, sodass wir uns entschieden, den Stadtbesuch um einen Tag zu verschieben.
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Auf der Fahrt dem See entlang sahen wir dann den Wegweiser zum Campingplatz „Le Panoramic“.
Bei der Reception erhielten wir einen Plan. Wir durften uns einen freien Platz aussuchen und sollten Bescheid geben, welche Nummer wir besetzen würden.
So stiefelten wir in Richtung Camper-Stellplätze. Schon die ersten zwei Stellplätze waren durch Schweizer belegt: ein Neuenburger mit einem in die Jahre gekommenen Fahrzeug und ein Luzerner mit dem modernsten Tabbert-Wohnwagen inklusive donnernder Klimaanlage auf dem Wohnwagendach und einem nigelnagelneuen Mercedes Minivan. Da hatten wir sie wieder, die schweizer Luxustouristen… Neben dem Wohnwagen war noch eine echte Lounge aufgebaut und die Familie sass gemütlich dort. Plötzlich fiel uns auf, dass das ein sehr spezieller Luzerner-Dialekt ist. Dazu Augen, welche nicht wegen der Sonne zugekniffen sind und Masken beim Sitzen im Freien, trotz Abstand: das konnten wohl kaum Freiheitstrychler sein! Nein, es waren chinesische Zeitgenossen, welche sich wohl in Luzern mit dem neusten vom neusten eingedeckt hatten. Nebst dem Fahrzeug und dem Wohnwagen gesellte sich noch ein weiterer Platz mit einem Zelt zur Entourage. Man muss ja irgendwo essen können.
Wir fanden einen Platz, welcher uns gefiel. Meldeten diesen an, stellten den Camper sauber hin und verabschiedeten uns auf die Sonnenterrasse zu einem Apéro.
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Wir genossen die fantastische Aussicht auf die Berge, den See und die idyllische Ruhe. Diese wurde kurzzeitig abrupt durch einen französischen Haudegencamperfahrer gestört. Wie vom Affen gebissen fuhr er sein Guetzli (Fachbegriff für einen alten, etwas aus der Form geratenen Camper) in Richtung Stellplätze, riss das Steuer herum und fuhr in die unterste Campergasse. Ja, in den Campergassen ist Schritttempo angesagt. Sein Schritt muss schneller sein, als der von Carl Lewis im 100m Sprint.
Nach einer kurzen Ruhephase donnerte das gleiche Guetzli aus Gasse 2 heraus und wollte mit einem schnellen Turn in die Gasse 3 einbiegen. Da knallte es mal kurz und der Camper blieb zwischen Metalltorbefestigung und Betonpfosten stecken. „Mal hindere, mal füre, mal links, mal rächts“ war nun das Motto und siehe da, rückwärts hinausfahren half. Man sah die lädierte Seitenwand nun sehr deutlich, aber: nebst all den anderen Lädierungen, sah das eigentlich ganz stimmig aus.
Noch mit Sonne, blauem Himmel und wunderbarer Aussicht begannen wir mit dem Znacht kochen. Pasta mit einem knackigen Jungsalat stand auf dem Speiseplan. Wir wollten unbedingt den edlen Balsamico ausprobieren, welchen wir geschenkt bekamen. So zupften wir den Salat zurecht, würzten diesen, schmeckten ab und schliesslich öffneten wir den edlen Balsamico. Genussvoll liessen wir die fast schwarze Flüssigkeit auf die Blätter tropfen. Nun griffen wir nach dem zweiten Fläschchen und wollten ebenso kultiviert das Olivenöl über den Salat träufeln. Doch statt des flüssigen Goldes tropfte eine fast schwarze Flüssigkeit aus der Flasche. Konsistenz wie Balsamico, Farbe wie Balsamico, Geschmack wie Balsamico: es war Balsamico – einfach etwas milder als die erste Flasche. Was nun? Hatten wir einen Ersatz für Olivenöl dabei? Weder Eier, Milch noch Fruchtjoghurt konnten uns überzeugen. So gab es nur eine Option: es musste Olivenöl her. Im Restaurant wurden wir fündig: dort gab es für 22 Euro eine einheimische Weinflasche, kombiniert mit etwas Olivenöl für 2 Personen. Die wohl teuerste Salatsauce in unserer Campergeschichte schmeckte himmlisch!
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Ja, unsere Heizung war dann auch wieder an Board, aber wie bereits in Nendaz nur zum Einschlafen. Danach klinkte sie sich aus. Immerhin brummte sie uns noch in den Schlaf und dieselte den Nachbarn das Zelt etwas voll;-)