La Traviata

Heute werden wir nach Verona fahren! Wir hatten ja Tickets für „La Traviata“ in der Arena di Verona erstanden und freuten uns wie kleine Kinder auf dieses Ereignis.

Zuerst hiess es noch einpacken, aufräumen und auschecken. Dann ging’s schwungvoll auf die schöne Strasse dem Gardasee entlang, zielstrebig in einen Stau! Über Nacht hatte ein Gewitter einen mächtigen Baum „gefällt“, sodass die Fahrbahn an der Stelle blockiert war, bzw. nur 1 Spur genutzt werden konnte. So mussten wir diese Spur mit dem Gegenverkehr teilen, was zu massivem Rückstau führte. Uns egal, wir hatten genug Getränke an Board.

Etwas ausserhalb von Verona hatten wir einen Agri Campeggio gefunden, den Oro Verde Campingplatz. Ein toller Ort!

Unser Platz vor den Toren von Verona.

Die stolze Inhaberin schaut zu ihren Olivenbäumen und zum Campingplatz unwahrscheinlich gut. Der Platz ist sauber, die Sanitär-Anlagen sind neu, sauber und jeder Platz hat Stromanschluss. Auch toll: es gibt frisches Trinkwasser auf dem Platz.

Wir richteten uns ein und machten uns dann zur Exkursion nach Verona fertig. Die Bluse und das Hemd hatten wir natürlich im Gepäck und los ging’s in Richtung Bushaltestelle. Die Inhaberin des Campings hatte uns bereits gesagt, dass wir in ein paar hundert Meter die Bushaltestelle finden und gleich gegenüber im Hotel das Ticket lösen können.

Als wir kurz vor der Haltestelle waren, fuhr der Bus durch. Das war insofern ein Glück, da wir nun Zeuge einer Österreichischen Gruppenreiseshow wurden. Als Bühne hatten sich die Österreicher das ticketverkaufende Hotel ausgesucht. Ja, es gibt bewusst kein schmückendes Attribut zum Hotel, denn es ist weder modern, schmuck, herzig noch sonst etwas. Mini-Plattenbau im Sowjetstil mit Giebeldach würde es wohl am treffendsten beschreiben.

Wir platzten mitten in die Schlüsselverteilung. Die Reiseleiterin rief jeweils den Namen des Zimmerchefs, bzw. des Einzelzimmers aus. Achtung: es gab alles Doppelzimmer, ausser sechs, das waren Einzelzimmer. Uns war das schon sehr früh klar, die Reiseleiterin hatte damit ihre liebe Mühe. Zusätzlich erschwerend kam hinzu, dass in der Hotellobby nur ca. 8 Personen gleichzeitig Platz hatten. So kam es, dass sie immer wieder Namen ausgerufen hat, die dann nicht erschienen sind. Insbesondere Hans und Hannah. Diese zwei Sünder tratschten wohl zu lange und kamen irgendwann reingeplumpst. Hans konnte irgendwie seinen Schlüssel noch ergattern, doch für Hannah gab’s keinen mehr. Die Reiseleiterin meinte, dass wohl ein Zimmer zu wenig bestellt wurde. Kleine Zwischenbemerkung: wir grinsten noch immer über den bereit liegenden Schlüssel 304, welcher genüsslich da lag und nur darauf wartete, dass ihn eine Hannah abschleppte.

So bestellte also die Reiseleiterin zur Sicherheit mal ein weiteres Einzelzimmer hinzu. Mittlerweile klingelte das Hoteltelefon und die Dame der Reception nahm es entgegen. Das hinderte die Reiseleiterin nicht, mit der Receptionistin weiter zu reden (ohne Rückmeldung versteht sich). Irgendwann dann ein erfolgreiches Quitschen: „der Fehler ist nicht bei uns, ich hatte nur nicht die aktuellste Liste!“ Tolle Reiseleitung, dachten wir… Die nette Receptionistin konnte zwar brüchig deutsch, doch das Quitschen im breitesten Österreicher-Slang verstand sie nicht, zumal sie noch immer am Telefon war. Hannah hatte bereits etwas Schweissperlen auf der Stirn und wir vermuteten, dass sie Angst hatte, sie müsse noch mit Hans aufs Zimmer!

Da kam die kurzzeitige Entwarnung: es gab noch ein freies Einzelzimmer. Die Freude von Hannah währte nur kurz, denn die Receptionistin sagte, dass es leider für die Folgenacht kein Zimmer mehr gäbe. Wir sahen in der Sprechblase von Hannah bereits Hans aufblitzen, doch es wurde noch schlimmer. Das Zimmer sollte 140 Euro zusätzlich kosten. Nach Luft schnappend piepste Hannah, dass sie doch alles schon bezahlt hätte. Die Reiseleiterin war auch am Schwitzen, das könne doch nicht sein, der Fehler sei nicht bei ihr. Sie wirbelte mit Listen und Zetteln. Und dann kam sie, die Erlösung von „Oben“ (vermutlich): es lag ja noch ein Schlüssel da. Halleluja, es war geschafft, es war das Einzelzimmer von Hannah.

Gleichzeitig kam ein weiterer Hotelangestellter dazu und verkaufte uns die 2 Tickets, sodass wir Hannah und Co. nun hinter uns liessen.

Blick von der Bushaltestelle zur Arena di Verona.

Mit dem Bus fuhren wir quasi auf den Hauptplatz mitten in Verona. Schon beim Aussteigen, ca. 15.50 Uhr, stach uns die Arena di Verona ins Auge. Das erinnerte uns daran, dass wir ja die Tickets noch ausdrucken sollten (… die eine Hälfte drängte bereits seit Tagen darauf …). Wir dachten: fragen wir doch mal kurz im Tourist-Office nach, ob man nur mit dem QR-Code reinkommt oder ob man wirklich Papiertickets braucht. Vor uns waren noch 2 Paare am Schalter und 1 Paar war vor uns an der Reihe. Plötzlich kam eine Office-Mitarbeiterin auf uns zu und meinte, dass wir uns umdrehen sollten, denn das Office sei nun geschlossen. Da wir keine grosse Sache wollten, kamen wir gleich auf den Punkt: Tickets auf Papier nötig? Ja, meinte die Dame und scheuchte schon mal alle hinter uns weg. Mit nett fragen, erreichten wir dann, dass wir ihr die Tickets mailen durften und sie würde diese dann ausdrucken. Hinter uns schlossen sich die Türen und so waren wir zum ersten Mal nach den Öffnungszeiten in einem Tourist-Office – wer kann das schon von sich behaupten.

Nun, mit Tickets in der Hand, machten wir uns auf Verona zu erkunden. Wir stiefelten durch die schöne Altstadt, machten Fotos, lasen und genossen die schöne Kulisse. 

Eindrückliche Kulisse – wo ist die Kameliendame?

An einem lauschigen Plätzchen liessen wir uns nieder und gönnten uns einen ersten Apéro. Wir beobachteten die Leute.

Während dem Apéro fanden wir plötzlich, dass unsere Garderobe evtl. doch etwas zu locker sei. Wir hatten zwar eine schöne Bluse und ein elegantes Hemd dabei, doch die Schuhe waren schon nicht so optimal (zumal wir nun auf den Tickets schwarz auf weiss lesen konnten, dass der Dress-Code „formal“ sei). So zwang uns quasi der Anlass, dass wir uns neue Schuhe kauften. Was getan werden muss, muss getan werden uns so schafften wir uns noch sommerlich elegantes Schuhwerk an.

Nach knapp 10’000 Schritten (ja, die App war natürlich auch dabei) dachten wir, dass es langsam an der Zeit wäre, ein nettes Restaurant zu suchen. Nach längerer Suche fanden wir einen schmucken, kleinen Italiener. Nach einem kurzen Check der Speisekarte setzten wir uns und freuten uns aufs Abendessen. Nach der österreichischen Gruppe und dem geschlossenen Tourist-Büro wartete schon das nächste Novum auf uns…

Wir bestellten zur Vorspeise einen Insalata mista und einen Insalata Caprese, als zweiten Gang gönnten wir uns je eine Pizza. Beide Salate waren wirklich fein und so freuten wir uns auf den nächsten Gang. Plötzlich wie aus dem Nichts brachte eine Dame zwei Pizzaschachteln vorbei. Wie bitte? Wir konnten es fast nicht glauben und dachten: ok, wenn das nun wirklich unsere waren, dann werden die wohl noch kurz gewärmt und dann aufgetischt. Nix mit kurz gewärmt, sie wurden sogleich aufgetischt! Aber sie waren auch sehr gut. Wir einigten uns darauf, dass es besser ist, gute Pizzas vom Kurier im Restaurant zu verkaufen, als selbst schlechte zu machen.

Nach dem Zahlen ging’s noch kurz aufs WC, denn die richtige Garderobe musste ja noch kurz angepasst werden. Aufgedonnert ging’s dann in Richtung Arena di Verona.

Zielstrebig suchten wir den Eingang 13, denn das war unser Eingang! Und ja, wir mussten die Papiertickets vorweisen, dann die Hände desinfizieren und gleich noch das Fieber messen. Covid-frei, wie wir sind, war das alles keine Hürde und schon waren wir im Inneren des römischen Prachtbaus. Es ging die „Stadiontreppe“ hoch und uns eröffnete sich der herrliche Blick auf die Arena – nur etwas verdeckt von Frau Feldweibelin. Diese wies uns zielstrebig zu unseren Plätzen und so nahmen wir Platz. Vom Bauchladenmensch kauften wir uns noch ein Wasser und warteten dann gespannt auf die Vorführung. Nach etwas Zeit im Sitzen rutschten unsere FFP2-Masken (waren obligatorisch) etwas nach unten, aber nicht für lange, denn der eiserne Blick im Zusammenspiel mit der klaren Gestik von Frau Feldweibelin liess uns zusammenzucken und die Maske fast bis zur Stirn hochziehen. 

Noch sind Bühne und Orchestergraben leer.

Der erste Gong wurde zielstrebig geschlagen, d.h. in Kürze würde es losgehen. Wir musterten die ZuschauerInnen und man konnte die Arena in 3 Bereiche einteilen: unten das Parkett mit Schönheits-OP-Opfern und den „Tattergreisen“ mit ihren jungen „Sekretärinnen“, dann die bunte Mischung der kulturinteressierten Normalos (also wir natürlich) und zuoberst die Wollsocken-Tramperfraktion.

Die Arena füllt sich…

Und dann ging es los!

Es war absolut faszinierend, denn die Akustik ist unwahrscheinlich gut und genau! Man hätte nicht gerade eine fallende Nadel auf der Gegenseite gehört, aber jedes Räuspern, hochklappen der Stühle etc. war hörbar. Und dementsprechend beeindruckend waren auch die SängerInnen! Insbesondere die zwei Hauptfiguren der Violetta und Giorgio waren einfach nur WOW! Die Variabilität der Stimmen, die Art der Interpretation und das Zusammenspiel war einfach genial! Auch der Dirigent war einfach unglaublich. Die Leitung war glasklar (der Chor war leider ab und zu etwas hinterher, da sie nach Gehör und nicht nach dem Dirigenten sangen). Da das Zusammenspiel auf der riesigen „Open-Air-Bühne“ zwischen Orchester und Solisten natürlich wirklich schwer ist und man nicht nach Gehör singen, bzw. spielen kann, dirigierte er selbst bei Rezitativen Rubatos und die SängerInnen folgten den Anweisungen perfekt, sodass es ein wahrer Hörgenuss war!

Als nach dem zweiten Akt dann noch der Vollmond über der Arena erschien, war der so oder so schon perfekte Anlass nochmals eine Spur magischer.

Ca. eine halbe Stunde vor Mitternacht endete die Oper mit der letzten Hühnerhaut-Szene: Violetta stirbt und die Oper wird mit dem Paukenwirbel und dem Schlussakkord auf einen Schlag beendet – FINE!

Nach tosendem Applaus wurde es viel zu früh hell in der Arena di Verona und so begaben wir uns zum Ausgang.

Ein letzter verschwommener Blick zurück…

Noch ein letztes Mal drehten wir uns zur nun schön beleuchteten Arena um, stiegen dann ins Taxi, fuhren zum Camper und versanken in die nächste Traumwelt…