Früh am Morgen und doch gut ausgeschlafen verliessen wir den Stellplatz in Richtung Strand. Wir wollten es uns nicht nehmen lassen, die morgendliche Ruhe fahrend zu geniessen. Leider hatten wir die Rechnung ohne die Italienerinnen auf der Strasse gemacht. Nach einer pädagogischen Lektion (man unterschätze nie die Beschleunigungskraft eines Fiat Ducato Turbodiesels) beruhigte sich die gute Frau im Auto hinter uns und wir konnten doch noch gemütlich und mit vorgegebener Geschwindigkeit die Aussicht geniessen. Vom neuen Navi wollten wir uns zu einem Serviceplatz zur Entleerung der Toilette führen lassen. Es kam uns schon etwas seltsam vor, dass wir die feste Strasse verliessen um dann irgendwann aus dem Wald ans Licht zu kommen. Da standen wir also im Nirgendwo, in Sichtweite der Servicestelle. Nur: diese war an einer umzäunten Autobahnraststätte, gerade mal 100m von uns entfernt. So hiess es wie beim Leiterlispiel: zurück auf Anfang und wir fuhren die wohl zur Römerzeit erschaffene Landstrasse zurück, um dann auf die Autobahn zu fahren, wo wir kurz danach die Servicestelle anfahren konnten. Nach getaner Arbeit gönnten wir uns einen kurzen Kaffee und weiter ging es mit dem Ziel: Livorno.
Diesmal führte uns das Navi zielgenau nach Livorno, was wir ehrlich gesagt als keine grosse Leistung würdigen konnten, denn es wäre selbst für Schweizer Verhältnisse sehr gut beschildert gewesen. Ganz im Gegensatz zur Abfahrtsstelle der Fähre, aber dazu später.
In Livorno mussten wir noch die Trinkwasservorräte auffüllen und begaben uns deshalb zum Intercoop. Etwas frisches italienisches Gemüse wollten wir ebenfalls noch mitnehmen, als plötzlich, völlig unerwartet und schon fast magisch eine Fleischtheke mit gefühlten 100 verschiedenen (Parma-)Schinken, Salamis, und anderen schinkenähnlichen Spezialitäten auftauchte und den Fahrer stoppte. Da sich die vegetarische Beifahrerin wohl kaum dazu überreden liess, ihr fast fliessendes Italienisch für sündige Machenschaften einzusetzen, musste in italienisch-englisch-französisch geordert werden. Das klappte ausgezeichnet, ausserdem wussten wir danach, dass der Metzger erst am Abend vorher aus seinen Ferien zurückgekehrt war.
Mit Gemüse, Wasser und Fleisch im Gepäck ging es nun in Richtung Hafen. Hoppla, da fehlt doch noch etwas in der Aufzählung. Ah ja, genau: irgendwie sprangen da noch zwei Espresso-Tassen vom Kaffe in unsere Taschen. Noch heute können wir uns darauf keinen Reim machen, aber sie fühlen sich im Camper sehr wohl.
Der Hafen Livorno ist zwar nicht übermässig gross, doch ohne Beschilderung ist es dann doch eher schwierig, die richtige Abfahrtsstelle zu finden. Nachdem wir etwas umhergeirrt waren, fragten wir das Orakel „google“, welches uns dann zielgenau zur Abfahrtsstelle lotste. Mittlerweile waren auch wieder alle ID’s an Bord (welche übrigens kein einziges Mal gebraucht werden sollten), das hatte zwischenzeitlich zu femininen Verunsicherungen geführt, denn Korsika ohne Fahrer selbst zu erobern, schien der Chefin dann doch etwas riskant.
Wir begaben uns also in Richtung Wartezone und wurden freundlich, aber bestimmt von einem italienischen Militärherrn angehalten, welcher nett fragte, ob wir denn auch im Besitz von Tickets wären. Elegant wurden diese präsentiert, worauf er nett erwiderte, „Schtreit on, Mister Thomas“. Das beherzigten wir und kurz darauf standen wir in der Kolonne zur Einschiffung.
Den Hafen von Livorno als Schmuck zu bezeichnen, wäre dann doch um etwa 180° verdreht. Umso erfreuter nahmen wir den panischen Mann in Uniform zur Kenntnis, der alle Leute, welche am Zaun fotografierten, wegschickte, als würde das Seemonster persönlich vorbei schauen. Statt einem Seemonster war’s dann einfach unsere Fähre.
Klappe auf, Autos raus (ok, das ging nicht ganz so flott, sondern dauerte knapp eine Stunde) und los ging es. Nachdem wir oftmals mit dem Camper hinten anstehen müssen, wurden wir diesmal nach vorne gebeten und standen deshalb in der Fähre quasi in der zweiten Reihe.
Wir zwei jungen, dynamischen Reiseleute nahmen natürlich die Treppe und schleppten uns 6 Stockwerke hoch bis zur Reception, anschliessend nochmals 3 um dann wieder 1 runterzugehen, wo wir unseren Platz fanden. Schön im Assistyle breiteten wir uns auf der Bank aus und genossen die Aussicht.
Plötzlich Musik von Rossini und die Premiere für unseren Camper (1te Meeresüberquerung in einer Fähre) startete. Um Livorno hatte es noch mächtig Schiffsverkehr, je weiter wir ins offene Meer hinausfuhren, desto einsamer wurde es. Nach knapp 1.5h war es dann soweit: weder hinten noch vorne, weder links noch rechts Land in Sicht. Nur blauer Himmel und das Dunkelblaue Meer – traumhaft!
Da auf Anweisung die Vorräte im Camper gelassen wurden, hielten wir Ausschau nach einem Zwipf. Um den Platz nicht aufgeben zu müssen, konnte nur jeweils 1 Person auf die Pirsch gehen. Ja, es war eine Pirsch, denn man musste schauen, dass man nicht über irgendwelche Schnarchlis auf der Treppe oder im Gang stolperte. Der erste Versuch scheiterte, da das naheliegende Boardrestaurant nicht gerade den Innovationspreis gewonnen hat und wohl auch beim Lebensmittelinspektorat keine Bestnoten erhalten hätte. Der zweite Versuch verlief erfolgreicher: Essen und Kaffee wurde gefunden, sowie ein neuer Wäschesack mit einem netten kleinen Corsica-Schweinchen drin. Nach einem kurzen „Dich kann man nicht alleine einkaufen lassen“ wurde das neue Familienmitglied wohlwollend aufgenommen.
Kurzzeitig musste der schöne Platz aufgegeben werden, da wir mitten durch eine Gewitterwolke fuhren. Auch das war ein wirklich toller Ausblick: die Blitze zitterten am Horizont und Regen prasselte gegen die Scheibe.
Irgendwann war es dann soweit und Korsika tauchte aus den Nebelschwaden am Horizont auf. Ein magischer Anblick! Die Berge kamen immer näher und schon bald kam ein Schlauchboot in hohem Tempo zielgerichtet auf uns zu. Polizei, Zoll oder sogar Piraten. Nein, ganz langweilig: es waren die Lotsen, welche uns in den Hafen begleiteten.
Da wir sehr weit vorne parkiert hatten, mussten wir natürlich auch sofort nach unten rasen, den Motor starten und nach ein paar wenigen Minuten waren wir nun endlich da: Hallo Korsika!