Die Tage im Wellness waren sehr schön, doch wir freuten uns nun auch wieder auf unseren Campi. Gut ausgeschlafen gingen wir – heute zur richtigen Zeit – zum Zmorgenraum. Dieser war «pumpevoll» wie wir zu sagen pflegen. Trotzdem ergatterten wir noch einen Platz. Am Buffet war der existenzielle Überlebenskampf ausgebrochen! Bei der Saftbar musste man zuerst lange warten, da eine Frau zuerst ihre 3 Literbidons füllte, um dann noch 3 Gläser zu füllen. Nun selbst am Saftspender, war das erste Glas voll und noch beim Wegnehmen kam von hinten eine Hand und wollte ein Glas hinstellen! Das ging so nicht, deshalb wurde noch ein zweites Glas gefüllt. Und siehe da, die pädagogisch wertvolle Aktion trug Früchte: der fussballbeshirtete Junge wartete beim zweiten Mal artig, bis es Platz gab. Auch am Käsebuffet wurde man weggestossen – es lagen ja auch nur noch ein paar Tonnen Käse da, man musste schon schauen, dass man nicht zu kurz kommt. Spannend und etwas traurig war auch, dass sich die MitarbeiterInnen echt freuten, wenn man sie grüsste und anlächelte. Offenbar erleben sie das doch eher selten.
Wir beobachteten in diesen zwei Tagen gerne und viel. Spannend fanden wir, dass es zwar vereinzelt Norweger, Schweden, Dänen, Schweizer und Holländer hatte. Doch weder am schönen Ostseestrand noch hier im Dumpland bräuchten wir mehr als zwei Hände um sie abzuzählen. Insbesondere am Timmendorfer Strand waren wir schon sehr erstaunt, dass es fast ausschliesslich deutsche Touristen hatte. Wir dachten, dass es ähnlich bunt wie an Frankreichs und Italiens Stränden zu und her geht.
Nach dem Schuss Humanforschung machten wir uns auf, unsere sieben Sachen vom Zimmer zu holen und uns mental aufs Auschecken vorzubereiten. Wir waren gespannt, was uns da noch erwarten würde. Beim Checkout war wieder der gleiche Auszubildende, wie zu Beginn. Der arme Tropf hatte wohl Angst, er hatte wohl eine Abreibung von uns erwartet. Er schien sehr erleichtert zu sein, dass wir uns nicht geärgert hatten. Auch das zeigte uns, dass die Klientel der All-inklusive Ferien wohl nicht ganz unsere Kragenweite sind, sondern das Verhalten passend zum Inventar des Hotels an den Tag legen: das Dumpland ist als Wikingerhotel eingerichtet…
Wir wollten hingegen zu den richtigen Wikinger, bzw. was von ihnen übrig war: unser Ziel war das Wikingermuseum Haithabu. Wir fuhren also gleich in Richtung Schleswig und parkten etwas Südlich auf dem Parkplatz des Museums.
Das Museum ist wirklich toll! In mehreren Häusern wird die Geschichte von Haithabu – von der Hochblüte bis zur Zerstörung – aufgezeigt. Aber auch die generelle Geschichte der Wikinger wird gezeigt und beweist einmal mehr, wie globalisiert die Welt bereits damals war. Einmal mehr zeigte es uns auch auf, wie gross die Lücken unseres Wissens sind. Noch heute wird die Wikingerzeit als Zeitspanne von gerade mal ca. 300-500 Jahren gesehen (übrigens als Ende wird die Zerstörung von Haithabu angegeben). Nur: die Wikinger hatten bereits davor und noch lange danach die über 800 jährige Blütezeit. Der Handel der Wikinger erstreckte sich von Nordamerika bis nach Mittelasien. Auch im Süden wagten sich die Wikinger vor und besetzten sogar Sizilien und handelten mit Nordafrika. Faszinierend war die Handwerkskunst der Wikinger: ob Glasperlen, Schuhe oder Schreinerarbeiten: schon vieles war in einer hohen Verarbeitungsqualität vorhanden. Doch die grösste Kunst war wohl der Schiffsbau: sowohl Kriegs- als auch Handelsschiffe wurden so konstruiert, dass sie schnell waren und wenig Tiefgang hatten. So waren die Drachenboote sowohl im Ozean als auch in Flüssen ideale Fracht- und Kriegsschiffe. Die Handelsschiffe waren auf Effizienz getrimmt: mit gerade mal 10-12 Mann Besatzung konnten bis 60 Tonnen Material befördert werden. Der grösste Teil der Mannschaft war an Bord um den Kahn zu steuern. Gerudert wurde bei Handelsschiffen fast nicht, die Wikinger waren echte Segelkünstler. Etwas anders war es bei den Militärschiffen: diese waren schmaler und länger, sodass bis 120 Wikinger Platz fanden. Diese waren zum Rudern und Kämpfen an Bord. Nebst dem Wind konnten die Schiffe also auch mit der Kraft von 120 Wikingern angetrieben werden. Das ermöglichte den Wikingern auf Flüssen bis tief ins Landesinnere vorzudringen. Diese Raubzüge waren in ganz Westeuropa sehr gefürchtet.
Der Handel mit anderen Nationen blühte und die Wikinger waren im frühen Mittelalter sehr wohlhabend. Spannend, mit welchem Raubgut die Wikinger am meisten Geld verdienten: sie verkauften Sklavinnen und Sklaven, welche sie in Westeuropa erbeutet hatten in den nahen Osten und nach Afrika. Nebst dem lukrativen Menschenhandel gehörten auch Pelze und Felle von nordischen Tieren zu den geldbringenden Handelswaren. Mit den erzielten Erlösen aus Sklavenhandel und Pelzhandel kauften die Wikinger vor allem Gold ein.
Nach dieser beeindruckenden Sammlung genossen wir ein kaltes, erfrischendes Getränk mit Sicht auf das Haddebyer Noor. Danach liefen wir in Richtung der rekonstruierten Häuser, exakt da, wo einst Haithabu stand.
Kurz vor dem Eintritt ins Wikingerdorf hörten wir einen donnernden Lärm: eine deutsche Tornado-Maschine flog über uns und riss uns etwas aus dem Mittelaltergroove.
Die wieder aufgebauten Häuser gaben einen beeindruckenden Einblick in die damalige Zeit und man konnte sich sehr gut vorstellen, wie das damals ausgesehen hat.
Mit vielen neuen Eindrücken im Gepäck ging’s weiter in Richtung Glückstadt. Von dort würden wir die Elbfähre nehmen und dann in Richtung Cuxhaven zu einem Campingplatz fahren. Mit fast zwei Stunden Wartezeit mussten wir uns diese Fähre verdienen. Die Überfahrt war dann etwas kürzer aber toll: nebst dem schönen Wetter genossen wir die Sicht auf vorbeiziehende Frachter und andere Schiffe.
Nach der Abfahrt ging’s dann in Richtung Otterndorf. Auch diesen Weg mussten wir uns verdienen, war doch die Meiste Zeit 40kmh angeschrieben, da die Strasse mit Splitflecken ausgebessert war. Solche Flickwerkstrassen haben wir weder in Portugal, Italien noch in Frankreich erlebt.
Irgendwann sind wir dann doch noch am Ziel angekommen, richteten uns ein, stopften die Toilette in den Camperclean und schon bald ging’s in die Federn.