Aussicht und SUP-Einweihung

Wir erwachten etwas früher als gewohnt, da auf dem Camping bereits einiges am Tun war. Unser Nachbar, der Budget Dennis Hopper mit dem tiefergelegten, mintfarbenen Opel-GSI-Cabriolet vom grossen Kanton, war ebenfalls bereits auf den Beinen. Wie übrigens fast all seine Landsleute, welche offensichtlich keine Langschläfer sind. Ja, der Campingplatz ist fest in deutscher Hand. 3x Zweierbesatzung aus der Schweiz, eine Familie aus Dänemark, 1 Zweiercamper mit Österreichern, eine Handvoll Italiener und eine polnische Familie waren die Exoten auf diesem Platz.

Ja, unser Nachbar, der war eine Nummer für sich. Er scheint ein Fan von „Born to be wild“ zu sein, denn auch noch im Pensionsalter ist die Sonnenbrille, das Kopftuch mit US-Flagge und eine zu grosse Jeansjacke Pflicht. Unsere Nachbarn kamen ja gestern am Abend etwas später als wir auf den Platz. Cool angebraust mit dem GSI Cabriolet, tiefergelegt und mintfarben… Mit einem eleganten Handschwung wurde zuerst ein Plastikteppich ausgelegt und dann „zisch“ eine Büchse Bier geöffnet. Der coole Typ machte zu allem und jedem einen super Spruch wie: „mei, scheiss mir einfach nicht auf mein Bett“ zu einem Spatz, der auf dem Plastikteppich gelandet war, während er cool im Campingstuhl sass und gleich nach dem Spruch einen tüchtigen Schluck Büchsenbier zu sich nahm. So cool muss man denn einfach mal sein!

Mit seiner Marie wurde dann in Gemeinschaftsarbeit das hochkomplexe Igluzelt aufgestellt. Alles von coolen Sprüchen begleitet und schlussendlich wurde der Finish (einhämmern mit einem viel zu grossen Hammer auf Miniheringe) lautstark damit kommentiert, dass sie da wohl auf einer Granitplatte das Zelt aufstellen würden. Ja, wir werden ihn wohl nicht vermissen…

Nachdem wir alles wieder sauber verstaut hatten, fuhren wir am späteren Morgen los. Via Trient und Rovereto sollte es dann an den Gardasee gehen. Wir waren beide noch nie da und wollten deshalb diese sehr beliebte Ferienregion mal checken.

Apfelboxen an der Weinstrasse – bereit für die Ernte.

Wir starteten wieder auf der Weinstrasse, wobei die Weinstrasse, zu Beginn der Fahrt zumindest, treffender als Apfelstrasse hätte bezeichnet werden sollen. Wiederum reihte sich Plantage an Plantage. Etwas weiter südlich war es dann aber soweit: die Reben lösten die Apfelbäume ab.

Reben, so weit das Auge reicht.

Von Rovereto fuhren wir in Richtung Gardasee. Wir entschlossen uns, auf der felsigeren Seite des Gardasees durchzufahren. Das hat sich sehr gelohnt, denn es erinnerte uns etwas an Korsika: enge Strässchen, schöne Aussicht, unter der Strasse liegt senkrecht das Wasser, etc.

In Tremosine legten wir einen kurzen Halt ein. Wir parkierten den Camper in einer Ruine (offizieller Parkplatz) und spazierten in Richtung Wasser. Es fühlte sich fast ein bisschen an, als wären wir am Meer: Strand, Surfer, Wellen, Boote,… Wir genossen die Stimmung, die Aussicht und den Strand.

Kirche in Tremosine vor der imposanten Felskulisse.

Wieder zurück auf der Strasse überlegten wir uns, wo wir heute den Camper hinstellen sollen. Plötzlich stach uns ein Schild mit Camping ins Auge. Da die Einfahrt extrem eng war, stellten wir den Camper schnell bei der Tankstelle ab. Wir hatten Glück: es gab noch eine Parzelle mit Seesicht! So kurvten wir den engen Weg zum Campingplatz nach unten und stellten den Camper mit Sicht zum See hin.

Gleich unterhalb des Camper-Platzes führte eine steile Treppe direkt zum Gardasee hinunter. Wir hatten quasi einen Privatstrand, gleich unter unserem Platz. Das schien uns DIE Gelegenheit zu sein, um unser neues SUP auszuprobieren. Wir pumpten das Teil auf und stachen sogleich in See. Wir ruderten gemütlich auf dem Gardasee herum und genossen die tolle Aussicht, das super Wetter und den wunderschönen See.

Unser SUP mit dem Gardasee im Hintergrund – bereit um loszupaddeln.

Ziemlich lange Zeit später gönnten wir uns im „Gourmet-Tempel“ des Campingplatzes einen Apéro.

Das Camping-Restaurant besteht vornehmlich aus Plastik. Der kleine Shop hat auf ca. 7 m2 alles wichtige: Pasta, Saucen, Milch, Fleisch, Käse, Gas, Zahnpaste,… Während die Waren auf der rechten Seite und der Rückwand aufgetürmt sind, ist gleich links die Bar. Dort haben wir uns einen schönen Aperol Spritz bestellt. Wie immer in Italien war es nur ein Aperol, ohne Spritz. Aber scheinbar ist das da so.

Während wir den Apéro genossen, verschwand die Bedienung. Wir hatten ja zum Glück bereits etwas vor uns stehen, unsere Tischnachbarn sassen noch auf dem Trockenen. Mit verschwinden der Bedienung ist nicht etwa eine grosse örtliche Abwesenheit gemeint, sondern die Prioritätensetzung. Frau und Kinder sind zurückgekommen. Sie waren offensichtlich noch kurz mit einer lauten, stinkenden Vespa zu einem Markt gefahren und kamen nun mit reichlich Beute retour. Diese musste natürlich begutachtet werden. Kurze Hosen von Tommy Hilfiger, Ladies Shorts von Calvin Klein, T-Shirts von wem auch immer. Eine Echtheitsgarantie wäre wohl etwas zu viel verlangt gewesen. Sie hielten die Kleidungsstücke in die Luft, musterten alles und hielten es dann der Person an den Körper, die das gute Stück wohl irgendwann tragen würde.

Nachdem die Action vorbei war, durfte auch der Nachbartisch noch kurz bestellen. Gleich danach wurden auch schon die Türen verriegelt, denn es war Zapfenstreich, „pünktlich“ knapp vor 19.30 Uhr.

Was wir da noch nicht wussten: die richtige Action stand uns noch bevor.

Gemütlich köchelten wir, assen und machten danach noch einen kurzen Spaziergang. Die leichten Gewitterwolken machten uns nur wenig Eindruck und auch das bisschen Donner ignorierten wir.

Wir sassen dann noch etwas vor dem Camper und lasen. Ab und zu tröpfelte es etwas, doch das kann ein echtes Camperpaar noch nicht beunruhigen. Als die Tropfen grösser wurden, dachten wir: evtl. ist es doch besser, wenn wir uns nach innen bewegen. Und kaum sassen wir drinnen, gab Petrus alles! Es regnete nicht nur, es kübelte richtiggehend! Da es heiss war, wollten wir die Türe nicht schliessen. Das war keine gute Idee, denn es kübelte so richtig und unsere Teppiche waren innerhalb von ein paar Minuten zu Schwämmen mutiert. Im Tenue Badehose ging’s deshalb nach hinten um die Markisenkurbel zu holen. Diese wurde fachgerecht angesetzt und die Markise wurde zur Hälfte runtergelassen. Frisch geduscht war das Fazit klar: viele Campings könnten sich für ihre Duschen an der Wassermasse pro Minute ein Beispiel nehmen, denn so wäre man innerhalb von 2 Minuten vollständig geduscht!

Wir waren über den Temperatursturz von fast 10 Grad (29° Innentemperatur auf 21°) eigentlich sehr glücklich und so verkrochen wir uns irgendwann in unser Schlafgemach. Wir mögen beide den Klang der Regentropfen auf dem Camper und so schliefen wir in Kürze ein.