War der Strand nicht länger?

Huuuuuuupppp! Huuuuuuupppp! Egal ob am Strand bei Porto auf Korsika oder unterhalb der Bretagne, es ist das Zeichen, dass le Boulanger oder die BoulangerIN vor der Campertüre steht und Brot bereit hält. Mitten in der Nacht schien das Brot vom Brotmobil heranschaffen eine klare Männerarbeit zu sein, Dunkelheit und so. Doch als wir die Türe öffneten, war’s schönes Wetter, mega hell und schon fast Neun Uhr. In der „queue“ wurde geduldig gewartet, bis im Peugeot-Transporter die Auswahl geckeckt werden konnte. Es war einfach: Baguette, Baguette-tradition, Croissant und Pain au Chocolat. Mit Ausnahme der Baguette wurde alles 1x konsumiert und 5 Meter weiter nebenan zum Camper transportiert. Kaffee aufsetzen, Picknick packen und ab an den Strand.

Espresso am Strand. Tasse = Grauimport aus Italien…

Heute gab’s Frühstück mit Aussicht auf den Jachthafen, das Meer und natürlich die am Horizont vorbeiziehenden, vor sich hindieselnden Ozeanriesen. Doch das eigentliche Schauspiel des Tages brachte eine „Hatermöwe“. Eine gemischte Möwengruppe näherte sich uns. Sie hatten wohl irgendwie mitbekommen, dass wir für sie durchaus interessante Nahrungsmittel an den Strand geschleppt haben. Als dann plötzlich etwas Käserinde irgendwie aus der Hand in Richtung Möwen schlipfte, ging das „Geguene“ los. Plötzlich fiel uns eine Möwe auf, die etwas gebückt, pfutternd umherstolzierte und die anderen Möwen lautstark anschrie. Natürlich hatten wir Mitleid mit dieser armen Möwe und versuchten, auch ihr mal etwas Brot in den Schnabel zu werfen. Doch das interessierte den Vogel herzlich wenig, denn sie war so fokussiert auf das Beschimpfen, Zwicken und Davonjagen der anderen Möwen, dass uns nun klar wurde: es ist eine Hatermöwe!

Hatermöwe «Sisyfus» räumt den Strand.

Mit einem vergrösserten Erfahrungsschatz in Bezug auf Möwen machten wir uns auf den Weg in Richtung Arzon. Bevor es jedoch richtig los ging, wollten wir noch kurz Wasser und etwas Lebensmittel im Intermarché kaufen. Kurz war unser Plan, dieser wurde jedoch durch Menschenmassen zu Nichte gemacht: zuerst brauchten wir für die letzten 500m Weg unendlich lange, da uns ein Marché aux Puces-Stau aufgehalten hat. Dann mussten wir, um in den Intermarché zu gelangen kurz anstehen und im Laden gab es dann den einen oder anderen Stau zwischen den Regalen. Ja, es ist Hochsaison und je südlicher, desto mehr!
Unsere Wasservorräte waren nun wieder aufgestockt, sodass wir die nächste Etappe befahren konnten. Wir fuhren über die gigantische Brücke bei St. Nazaire und sahen linker Hand die Werften „Chantier de l’Atlantique, wo nicht nur die grössten Kreuzfahrtschiffe gebaut werden, sondern gerade die MSC Grandiosa für eine Schweizer Reederei kurz vor der Auslieferung steht.
Nach knapp 2 Stunden und einem Kaffeehalt war es dann soweit: Arzon lag vor dem Schutzblech und es kamen ein wenig Heimatgefühle auf. Wir checkten noch kurz die Alternativcampings, entschieden uns aber gegen die 3*-Campings und beschlossen, wieder unseren Kerver-Camping aufzusuchen. Pünktlich um 14.30 standen wir vor der Schranke, die jedoch bis 16 Uhr für Neuankömmlinge geschlossen ist. Aber was soll’s, wir haben ja glücklicherweise immer die Wohnung dabei, sodass wir Melone zwipften, lasen und das Schlafzimmerfenster kurz demontierten. Dann schlug es 16 Uhr und oh Wunder, die Franzosen können pünktlich sein und so fuhren wir auf den wunderbaren Platz Nr. 85, gleich hinter dem Strand. Selbstverständlich liessen wir es uns nicht nehmen, den ehemaligen Platz zu besuchen und wir stellten fest, dass auch in diesem Jahr die Boule-Kugeln dort um die Wette flogen.
Etwas später wollten wir den Strand aufsuchen, den endlosen Strand, den wir beim letzten Besuch mit Flip-Flops stundenlang beschritten, bis wir schlussendlich in Arzon Moules et Frites genossen, um dann, wegen des weiten Weges, mit dem Taxi zurück fuhren. Wir schritten also das sandige Gässli vom Camping zum Strand und wow, der Anblick ist auch ein paar Jahre später noch immer traumhaft. Etwas mehr Leute als beim letzten Besuch waren am Strand, doch wir umkurvten die Badetücher elegant, bis wir schlussendlich die Füsse ins kühle Nass hielten. Unter der Sonne schlenderten wir über den feinen Sand und genossen die Kulisse. Plötzlich hatte es fast keine Leute mehr am Strand, schnell wurde uns klar warum, denn ein Herr, der bereits länger hinter uns gelaufen ist, entledigte sich schwuppdiwupp und während vollem Lauftempo der Badehose: wir waren am Nackedei-Strand gelandet, welcher sauber und ohne Markierung in drei Abschnitte gegliedert war: in Ü100-Paare, alleine liegende BlüttlerInnen und Mann-Mann-Badetuchsharing betreibende. Nach Passierung der drei Zonen standen wir schon fast beim Hotelkomplex und dachten: war der Strand beim letzten Besuch nicht viel länger? Wir waren da nämlich (gefühlt?) stundenlang dem Strand entlang gelaufen und totkaputt in Arzon angekommen. Der kleine, feine Unterschied: beim letzten Besuch liefen wir im Wasser und sanken so bei jedem Schritt im Wasser ein, was natürlich viel mehr Zeit und Kraft kostete. Wir drehten also wieder um und liefen zurück in Richtung Camping-Platz.
Mit Apéro und einem feinen Gemüse-Curry au courgette Dietlikonois genossen wir die Abendsonne und begaben uns danach nochmals an den Strand. Der Sonnenuntergang fand leider hinter Wolken statt, aber die Stimmung war doch sehr schön. Es war Ruhe eingekehrt, nur noch Meeresrauschen, schööööön.