Zwei Herzen in einer Brust: der unglaublich schöne Stellplatz unter einem schattenspendenden Baum, das Meer nur ca. 100m vor der Campertüre vs. die abenteuerliche Fahrt über die nächsten Berge nach Corte. Das geschichtsträchtige Corte war lange Zeit die Hauptstadt von Korsika und wird heute noch von vielen Korsen als die echte Hauptstadt angesehen.
Nach einem letzten Blick auf die malerische Bucht machten wir uns auf den Weg. Im Reiseführer stand, dass die Strasse zwar schön sei, aber für Autofahrer eine echte Herausforderung. Nachdem wir bereits über eine echte Bergstrasse gefahren waren, zollten wir dieser Aussage Respekt und gingen das Abenteuer „Strasse der Herausforderung“ an.
Es sollte sich bald herausstellen, dass die Strasse im guten Zustand ist und nur ganz wenige Stellen wirklich schmal sind. Die Aussicht in die tiefen Schluchten, auf die schönen Felswände und in den Urwald sind wirklich unbeschreiblich und eindrücklich! Vorsicht war dann doch noch geboten, aber weniger wegen der Landschaft, sondern wegen den wilden Schweinchen, welche es sich auf der Strasse sehr bequem machen und denen jedes Auto quasi am A… vorbei fährt. Auf der Passhöhe bekamen wir dann sogar noch Besuch von einem netten Schweinchen, welches sein Schnüffelschnäuzchen in unsere Campertüre streckte.
Anschliessend ging es wieder bergab. Talwärts war die Strasse eine „Hommage“ an vergangene Zeiten: früher gab es einen Skilift und ein kleines Skiresort, nun nur noch eine Buckelpiste in Richtung Tal. Weiter unten flocht sich die Strasse elegant durch die Felstäler und Schluchten. Wer nicht schwindelfrei ist, sollte wohl besser auf die Durchfahrt in der Mitte von Korsika verzichten.
In Corte angekommen sahen wir uns 2 Campingplätze gleich in der Nähe der Citadelle an, bzw. kamen nicht ganz soweit, da die Strassen dann doch etwas zu eng waren. Seit wir korsisches Land betreten haben, ist uns immer wieder aufgefallen, dass (den Südosten ausgenommen) sehr viele CampiererInnen mit dem Zelt unterwegs sind.
Wir stellten unseren Camperbus schlussendlich beim Supermarkt ab, ein Schattenplatz schien uns angebracht, damit der Kühlschrank bei den herrschenden Temperaturen nicht schlapp macht. Gleich neben dem Supermarkt fuhr ein Touri-Zügli – was für eine Chance. Nach einer kurzen Diskussion zwischen der Puristin (das ist nun doch etwas sehr touristisch) und dem Pragmatiker (guck mal wie weit weg die Citadelle ist), stachen die Temperatur-Wegdistanz-Steilheit des Geländes-Argumente dann doch und wir enterten das Zügli.
Vom spanischen Chauffeur wurden wir nett begrüsst, es wurde einkassiert und dann setzten wir uns hin. Die ca. 3 Minuten Wartezeit auf die Abfahrt fühlten sich in etwa so an, wie wenn man im Skianzug die Sauna besucht. Der Fahrtwind kam uns deshalb entgegen und das Wackeln, Rumpeln und Schütteln machte eigentlich noch Spass.
Korsika hat eine sehr bewegte Vergangenheit mit Kriegen, Eroberungen und Einflüssen. So werden in Corte nicht weniger als 3 Freiheitskämpfer geehrt und offensichtlich gilt Corte unter vielen Einheimischen noch immer als die echte Hauptstadt von Korsika. Auffällig übrigens: während im Südosten kaum Schilder verschmiert sind, so sind zweisprachige Schilder in Richtung Cap Corse und eben auch in Richtung Corte fast ausnahmslos so verschmiert, dass die französische Version nicht mehr lesbar ist.
Oben auf der Citadelle angekommen, machten wir uns auf diese zu besichtigen. Vor der Citadelle war noch ein kleines, schickes Museum, welches wir gleich, quasi „All inclusive“, auch noch durchschritten. Die Ausstellung zeigte einige der verschiedenen Gesichtern von Korsika: Handwerk, Piraterie, Landwirtschaft, Industrie und Tourismus, sowie die wirklich etwas „gfürchigen“ Druiden-Sekten-Priester-irgendwass, welche wie Klu-Klux-Klan-Mitglieder gekleidet sind.
Mit vielen Eindrücken im Gepäck ging es nun in Richtung Citadelle und Donjon. Die Aussicht auf der Höhe ist wirklich gigantisch! Die filmreife Kulisse ist bewegend und man kann sich absolut vorstellen, wie das Leben dazumal pulsiert hat.
Pünktlich wie es sich für SchweizerInnen gehört, sassen wir wieder im Zügli, um den zweiten Teil der Fahrt auf uns zu nehmen. Einen längeren Halt gab es bei der Statue von Gaffori, hinter welcher man noch die Einschusslöcher von Gewehrgeschossen in der Fassade sieht.
Nach einem letzten Fotohalt für die „Skyline“ von Corte ging es zurück zum Casino-Markt, dem Parkplatz unseres Campers.
Dieser hatte sich gut gehalten und beim Einsteigen rief uns der Österreichische Pössl-Fahrer von Nebenan noch ein nettes „Hopp Schwiiz“ zu und los ging es in Richtung Osten der Insel.
Korsika hatten wir bisher so kennen gelernt: enge Strassen, etwas rumpelig und eigentlich viel alleine unterwegs. Im Osten sollte das ändern: die meisten Touristen bevorzugen diese Seite der Insel, da diese flacher ist und viele Sandstrände vorzuweisen vermag. Zum ersten Mal standen wir in Aléria mitten auf der Strasse still, wegen eines Mini-Staus. Ging aber auch da nicht lange und weiter ging’s.
Per App hatten wir einen Camping gesehen, welcher gleich am Meer liegt und einen tollen Strand vorzuweisen hat. Die Bewertungen waren auch ziemlich ok, sodass wir fanden: den checken wir. Nach ein paar Kilometern Camperfahrt fanden wir diesen und gingen an die Reception um einen Platz zu ergattern. Wir sollten doch einfach den Plan mitnehmen, 4 Plätze angeben, welche uns gefallen würden und die Receptionistin würde uns dann sagen, welchen der 4 wir nehmen dürften. Also machten wir uns sogleich zu Fuss auf den Weg um einen angenehmen Platz zu finden: schattig und in Strandnähe sollte er sein. Kaum um die Ecke wurden wir auch gleich von einem älteren Herrn und seinem kleinen älteren Schrumpelherrn begrüsst. Hoppla dachten wir, naja… Sein Nachbar war etwas jünger, hatte ein gestreiftes T-Shirt an und darunter lachte uns auch wieder seine tiptop rasierte Männlichkeit an. Einmal ist keinmal, doch nun schien es doch eher Konzept zu sein, denn hosenlose T-Shirtträger gibt es ja dann doch nur am FKK. Auf dem Plan war es dann auch klar und deutlich ersichtlich: eine Badehose hat am Strand nix zu suchen und wehe wer sich nicht daran hält! Apéro zwischen Hans, Franz, Piepmatz und Pullermann fanden wir nicht so prickelnd, sodass wir beschlossen uns noch weiter umzusehen.
Fündig wurden wir gleich neben Aléria: ein toller Platz mit traumhaft schönen Bäumen und sauberen Sanitäranlagen konnten wir nach der langen Bergfahrt gebrauchen. Einen schönen Platz hatten wir auch schnell gefunden und parkierten den Chausson schnurstracks in die Lücke. Markise runter, Liegestühle raus und… Geradeaus Zürcher, daneben St. Galler, in der Nähe Obwaldner und zum Glück nicht gleich neben dem Campingcar auch noch Aargauer. Durchmischt wurde das ganze mit ein paar Deutschen; Franzosen waren plötzlich Mangelware.
Nach der Dusche und Kleiderwäsche gab es eine Apéro riche, sodass wir danach aufs Abendessen verzichteten, es uns aber nicht nehmen liessen noch einen kleinen Pichet Rosé mit einer Crêpe sucré und einer Kugel Glacé am Strand zu geniessen.
Am späteren Abend wussten wir dann auch, wofür die Bühne im Strandrestaurant genutzt wurde: „He Macarena“ und andere Strandhits wurden runtergeschmettert, dazu wurde natürlich schön falsch mitgegrölt. Nun gut, eine Nacht Halligalli ist zu verkraften.