Wildnis, Langusten, Tornado und Cap Corse

Gleich nach Ankunft ging es weiter in Richtung Norden. Schon auf den ersten Metern durften wir einen Schuss Korsika erfahren: enge Strassen, schnelle FahrerInnen und noch engere Strassen mit noch schnelleren FahrerInnen.
Wir fuhren also die malerische Strecke gen Norden. Die Aussicht auf der Strasse ist bombastisch, die „Piratennester“ lassen einem über die Geschichte der Insel nachdenken und das farbige Wasser in seinen verschiedenen Blau- und Türkistönen lädt zum Träumen ein.
Nach einiger Zeit verliessen wir die Küstenstrasse im Nordosten und bogen nach Links ab. Ziel war das Dorf Centuri im Nordwesten von Korsika. Wir passierten elegant das Schild „Fahrzeuge ab 6m verboten“, da wir ja schliesslich mit 5m99cm weit darunter liegen. Durch enge Strassen, noch engere Kurven bahnten wir unseren Weg mitten durch den Jungle. Vielfach war unter uns bröckliger Asphalt, links, rechts und oben undurchsichtiges Gestrüpp, es war wirklich ein Erlebnis! Natürlich kamen uns ganz vereinzelt noch Autos entgegen. Das war dann jeweils eine echte Herausforderung, einen Platz zum Kreuzen zu finden. Auf der Passhöhe war die Aussicht dann gigantisch. Die Abfahrt war extrem viel kürzer, dafür umso steiler. Als Fahrer und Beifahrer sollte man wirklich schwindelfrei sein, denn auf dieser Seite des Passes geht’s neben der Strasse fast senkrecht nach unten. Wir waren schon froh, hatten wir wenigstens noch auf jeder Seite des Fahrzeuges ca. 30cm bis zum Wegesrand.
Ziel unserer ersten Etappe auf Korsika war Centuri Port, ein kleines, schickes Fischerdorf mit einem Touch Piratenoptik. Anschliessend sollte es zu einem Stellplatz am Cap Corse gehen.
Nach dem steilen Abstieg durch das Nirgendwo kamen wir um ein paar S-Kurven plötzlich und ganz unverhofft nach Centuri Port. Das kleine, feine Dörfchen liegt ganz versteckt in einer schönen Bucht. Die Häuserfassaden sind schön „rausgeputzt“ und das Panorama auf das Meer ist sehr, sehr schön. Dank der Rückfahrtkamera war es auch unproblematisch mitten im Dörflein zu wenden, da das Weiterfahren per Tafel mehrfach verboten wurde. Gleich am Dorfrand stellten wir den Camper ab und machten uns zu Fuss daran, ein passendes Restaurant zu finden. Im Reiseführer wurde insbesondere vom La Langoustine geschwärmt, da dort der Inhaber noch selbst Langustinen fängt und gleich serviert. Nach dem Studium der Speisekarte kamen wir zum Schluss, dass wir nicht ganz sicher sind ob die Preise, welche knapp über dem Dolder Grand liegen, gerechtfertigt wären. Die Terrasse wäre zwar herzig gewesen, doch gleich alles Feriengeld in eine Languste zu investieren fanden wir zu abenteuerlich.
Kurz guckten wir noch auf die Speisekarten der anderen Restaurants und entschieden uns dann für eines, welches etwas höher gelegen war und eine wunderbare Terrasse mit einer Bomben Rundsicht besitzt. Kleine Randnotiz: der Patron fischt in diesem Restaurant noch selbst und die Spezialität sind…, wir erraten es, Langusten.
Kaum hatten wir uns gesetzt, die Speisekarte war noch nicht mal richtig gelesen worden, zogen schwarze Wolken auf. Da wir die Dachklappen des Campers noch offen gelassen hatten, mussten diese geschlossen werden. Mit einem Sprint der Langstreckenläuferin wurde das erledigt. Währenddessen wurde die Stellung gehalten, obwohl bereits Regen und Wind ziemlich heftig an der Stimmung kratzten. Nach dem dritten Tisch verschieben, war es dann soweit und die Flinte musste ins Korn geworfen werden. Ein Platz im Innern des Wintergartens war nun angesagt. Plötzlich hiess es „Tornade, Tornade“ und so lernten wir plötzlich noch den Patron, wohl seine zwei Söhne, ebensoviele Töchter, seine Frau und 2 weitere Bedienstete kennen. Sie alle räumten in Rekordtempo die Terrasse. Danach verzog sich die Famiglia wieder, um den wichtigen Sachen nachzugehen, wie z.B. vor der Hotelreception TV zu schauen.
Inspiriert von der Umgebung wollten 50% der Reisegemeinschaft das Menu mit Languste probieren. 49 Euro für einen 3-Gänger mit Languste, war ja im Vergleich zu 99 Euro im unteren Restaurant ein Schnäppchen. Alternativ hätte es noch Languste pur (ohne Beilage, etc.) gegeben, 100g für 15 Euro, Mindestgewicht 400g/Person.
Bei der Bestellung meinte der Kellner, dass die Languste ausverkauft sei. Alternativ bot er die Languste an. Hmm? Es war eben nur die Menu-Languste ausverkauft, nicht aber die per 100g-Languste, er hätte da noch ein Fliegengewicht von ca. 1000g. Er selbst würde ja schon 6-800g alleine essen, das würde also schon passen. 150 Euro für eine Megaportion Languste so als Probiererli war dann doch etwas über Budget, sodass als nächster Versuch die Moules et Frites bestellt wurden. Leider, man ahnt es, waren auch diese ausverkauft. Aber nur als Moules et Frites. Mann hätte sie mit der Meeresfrüchteplatte noch haben können, zusammen mit der Languste, also nicht der ausverkauften, auch nicht der 1000g, sondern der für die Meeresfrüchteplatte. Hmm? Noch nicht ausverkauft war (neben allen Sachen über 100 Euro) der Tagesfang (Loup de mer) und die Lasagne à la Maison.
Nach dem Essen machten wir uns auf, den Stellplatz am Cap Corse zu entern. In der Dunkelheit schlichen wir die engen, holprigen Strassen in Richtung Norden und hofften einfach, dass das Navi dieses Mal Recht haben sollte. Wir passierten gefühlte 100 Mal das Ende der Welt, nur um festzustellen, es geht doch noch weiter. Plötzlich ein paar Müllcontainer und wir wussten: es gibt auch da noch menschliches Leben! Klappe auf und: Blick auf das Meer, brechende Wellen, welche wohlklingend rauschen, Mondschein, ein Leuchtturm auf der gegenüberliegenden Insel,…

Ja, es war ein paar Sekunden still, denn diese traumhafte Gegend mussten wir kurz wirken lassen.
Zur Musik der See liessen wir uns ins Land der Träume fallen.